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Sonntag, 23. November 2003

16.12.2003 Landesjugendamtes erliegt bei seinem Angebot der Unterstützung

In den letzten Jahren meldeten sich in unregelmäßigen Abständen Betroffene beim Landesjugendamt und baten um Informationen über ihre früheren Heimaufenthalte im Rahmen der Fürsorgeziehung bzw. der freiwilligen Erziehungshilfe. Die erbetenen Angaben (Zeitraum, Dauer, Ort, Ursache, Familienverhältnisse ) über ihren früheren Heimaufenthalt wurden - soweit die Akten nicht mit Ablauf von 30 Jahren nach Beendigung der Hilfe vernichtet worden war - in der Regel schriftlich bzw. im persönlichen Gespräch vermittelt. Bei länger als 30 Jahren zurückliegenden Hilfen erfolgte in Einzelfällen eine Akteneinsicht über das Westfälische Archivamt, bei dem aus jedem Jahrgang zahlreiche Einzelfallakten, die zum Teil bis in die 30er-Jahre zurückreichen, erhalten geblieben sind. Die Praxis der 30-jährigen Aufbewahrungsfrist folgte - ohne gesetzlich geregelt zu sein - aus den bestehenden Verjährungsfristen für gegenseitige Ansprüche in Analogie zur Aufbewahrung im Gesundheitswesen. Mit der sukzessiven Versendung der Rentenmitteilungen durch die BFA nahmen auch die Anfragen an das Landesjugendamt zu. Neben den bloßen Unterbringungszeiten rückte dabei immer mehr die Frage in den Vordergrund, wie Arbeitsleistungen der Untergebrachten innerhalb von Einrichtungen bzw. für Fremdfirmen rentenversicherungsrechtlich zu bewerten sind. Um hierfür im schutzwürdigen Interesse der Betroffenen eine mögliche Informationsquelle weiter vorhalten zu können, ist die Aktenvernichtung ab dem Jahre 1972 als Beendigungsdatum der Hilfe bis auf Weiteres ausgesetzt worden. Die Frage eventueller sozialversichtungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse wird im Einzelfall aufgegriffen werden müssen. In den bis heute nachgefragten Einzelfällen ist eine abschließende Bewertung dieser Frage ohne Hinzuziehung von eventuell beim Einrichtungsträger noch vorhandenen Akten nicht zu beantworten.

Ganz aktuell häufen sich Anfragen von Betroffenen, die um Unterstützung bei der Aufarbeitung möglicher Misshandlungen in Fürsorgeeinrichtungen bitten. Mit zunehmendem Echo in den Medien beklagen ehemalige Fürsorgezöglinge aus den 60er- und 70er-Jahren, sie seien in kirchlichen Einrichtungen körperlich schwer misshandelt oder auch sexuell missbraucht worden. Einrichtungen und zum Teil auch Namen von Täterinnen und Tätern werden dabei dem Landesjugendamt gegenüber konkret benannt. Ausgangspunkt derartige Initiativen war ein umfangreicher Artikel unter dem Titel „Unbarmherzige Schwestern“ (der Spiegel, 21/2003 [vom 19. Mai 2003], Seite 70) der aus den Biografien einzelner Betroffener berichtete. Auch der WDR hat unter dem Titel „Fromme Prügel“ eine entsprechende Reportage über ein betroffenes Geschwisterpaar gedreht.

Durch diese Berichterstattung in den Medien sowie durch entsprechende Foren im Internet (heimkinder.net im Jahre 2003) nimmt die Anzahl von Betroffenen, die sich über derartige Zustände beklagen, zur Zeit zu. Am 21.11.2003 haben sich in Paderborn Betroffene zu einer
„Interessengemeinschaft der ehemaligen Heimkinder Deutschland“ zusammengeschlossen. Gegenüber Vertretern des Landesjugendamtes sind anlässlich dieses Treffens die Vorwürfe unmittelbar von den Betroffenen detailliert vorgetragen worden.

Das Landesjugendamt hat seine Unterstützung bei der erforderlichen Aufarbeitung im Rahmen seiner Möglichkeiten zugesagt. Neben der Klärung o.a. rentenversicherungsrechtlicher Fragen im Einzelfall waren bereits die Möglichkeiten von Entschädigungsleistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz bzw. eventueller inzwischen allerdings verjährter zivilrechtlicher bzw. strafrechtlicher Prüfungen Gegenstand der Einzelanfragen.

Hauptaugenmerk des Landesjugendamtes erliegt bei seinem Angebot der Unterstützung an die Betroffenen zur Aufarbeitung bei einer angemessenen Berücksichtigung der betroffenen Einzelschicksale.


Landschaftsverband Westfalen-Lippe


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