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Donnerstag, 23. April 2009

Buchvorstellung von Marion J. Z

Buchvorstellung von M. J. Z

Paderborn, 1. Februar 2006

Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren.

Nach drei Jahren intensiver Recherche haben wir es nun geschafft. Viele ehemalige Heimkinder wurden dabei nach vielen Jahren mit dem konfrontiert, was uns ein Leben lang begleitet hat, worüber wir aber aus Angst und Scham nie sprechen wollten.

Obwohl wir uns schon länger kannten (seit ca. Januar 2001), hat mich meine Freundin Gisela Nurthen damals erst nach langer Zeit des Beobachtens (erst in Januar 2003) gefragt: "Sag mal Marion, kann es sein das Du einmal in einem Heim warst?". Ja, ich war wie vor den Kopf gestoßen aber sagte trotzdem sofort "Ja". Obwohl wir uns glaubten zu kennen, hatte keiner von dem anderen diese Tatsache gewusst. Beide waren wir ehemalige Heimkinder.

Gisela Nurthen war als Teenager von den westfälischen Jugendbehörden vier Jahre lang bei den Nonnen im Dortmunder Vincenzheim eingesperrt worden, wo sie in den 1960er Jahren gezwungen wurde, schweigend, 10 Stunden lang von Montag bis Freitag, und halbtags am Samstag, unentlohnt, in der für diesen Orden – die Vincentinerinnen – sehr lukrativen heimeigenen Grosswäscherei, zu schuften.

Ich musste meine Kindheit und Jugend in verschiedenen konfessionellen Heimen in Westfalen-Lippe verbringen, eingeschlossen in dem damals von Diakonissen betriebenen berüchtigten Scherfede. Es waren furchtbare Zeiten auch für mich.

Das Stigma ein Heimkind gewesen zu sein, hat uns immer begleitet und wir haben es vor allen Menschen versucht zu verstecken.

Wir glaubten, andere Menschen würden uns dann nur als minderwertig oder gar als kriminell ansehen! So wurde es damals auch in der Gesellschaft, in den Familien, den Kindern erzählt: "Kinder aus Heimen taugen nichts."

Dieses Gefühl, diese Ängste vor Menschen, hat man uns in den Heimen anerzogen.

Jeder der sich mit der deutschen Geschichte einmal wirklich richtig auseinandergesetzt hat, wird in diesem jetzt erschienenen Buch zu diesem Thema, hoffentlich endlich erfahren, was wir erlebt haben, wer wir waren und wie sehr wir gelitten haben.

Mit diesem Buch, das wir mit dem Autor auch demnächst in Paderborn vorstellen wollen, ist für uns die Hoffnung verbunden, dass endlich das vielleicht größte Unrecht an uns Kindern und Jugendlichen der Nachkriegszeit zur Sprache kommt.

Mehr als eine halbe Millionen Kinder waren von 1945 bis weit in die 70 Jahre in den rund 3000 Heimen West-Deutschlands eingeliefert und eingesperrt worden und viele ihnen sind durch diese Erziehung schwerstens traumatisiert worden.

Ich erinnere hier auch an den kürzlich erschienenen Film über den Fall von Paul Brune: "Lebensunwert – NS Psychiatrie und ihre Folgen!" Dieser Film wurde von Dr. Krieg und Monika Nolte recherchiert und gedreht.

Ich selber habe mich ein Leben lang schlecht gefühlt und wusste nicht "Warum?" Ich kam mit 10 Monaten ins Heim und musste 16 Jahre lang dort verbleiben. EDIT quälten mich über alles, als letzten Ausweg, mich allem zu entziehen. Es war ein schweres und anstrengendes Leben.

Ich möchte alle unbedingt auf dieses SPIEGEL-Buch hinweisen und aufmerksam machen: "Schläge im Namen des Herrn – Die verdrängte Geschichte der Heimkinder in der Bundesrepublik". Es ist hoch zu empfehlen! Dieses Buch wird ab etwa dem 11. Februar 2006 in den Buchläden erhältlich sein.

Ich hoffe, dass es auch für die heutige Generation von Pädagogen, Erziehern und Heimbetreibern wertvoll sein wird, und auch in den Schulen eine Bereicherung im Lehrplan. Weil jeder ein wachsames Auge haben sollte und ein Wissen darüber, was die vorherige Generation für Fehler mit Kindern und Jugendlichen gemacht hat, die sich nie wiederholen dürfen.

Mit freundlichen Grüßen

M.J Z.

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